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Alpenflitzer
Am ersten Septemberwochenende mußte es einfach sein. Der obligatorische Abstecher zu Alfred nach Konstanz aus zweifachem Grund:
1. Herr Rossi mußte über den Tüv und die Lafranconis mußten Tüv abgenommen werden.
2. Zicke durchchecken, eine kleine Ölundichtigkeit am Getriebe abdichten, d.h. das verschlissene Lager am Druckpilz für die Kupplung wechseln, das wars, - und mit selbiger eine Alpentour machen.
Das mit dem Tüv und der Tüv-Abnahme für die Lafranconis war eher ein Klacks. Ohne Probleme und ohne Mängel drüber und durch. Jetzt haben wir´s amtlich mit in den Brief eingetragenen Lafranconis. Zicke war als erste fertig,
also nichts wie drauf und schnell auf ne schnelle Runde rüber in die Schweiz. Von wegen schnell. Viele Autos, viele Ampeln, viele Starenkästen, also gemach durch die Schweiz entlang des Bodensee´s gebrettert. Abends noch schnell für die Alpentour das Nötigste einkaufen und bei der “Perle” in Konstanz eingekehrt Früh mit nem Buch bewaffnet in die Schlafstatt im Wohnmoppel und morgens um fünf Uhr raus zum Zicke beladen.
Rabimmel. Glockenwach als der Wecker schellt. Cafetiera angeworfen um den nötigen Schluck Espresso zu bekommen, damit der Hirnkasten anfängt zu arbeiten. Dann ans Werk Zicke packen.
Pünktlich um 8.00 Uhr gings los, kurz rüber an die Grenzstation, Pickerl kaufen. Dort treff ich eine LMIII Fahrer mit Reiseziel Mandello. Der will aber die direkte Strecke fahren und ich will Berge und ganz viel davon. Wir verabreden uns für “später”, werden uns aber nie mehr begegnen. Meine Route geht zunächst Richtung Zürich auf der Autobahn, dann biege ich ab Richtung Chur. Mache auf einer Autobahnraststätte meine Frühstückspause und dort begegne ich einem Traum aus Bayern.
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Ein wirklich feiner BMW V8 grummelt da auf dem Parkplatz rum. Und schon gehts weiter bis zur Abfahrt Landquart. Von dort aus alles per Landstraße, der Berg ruft. Fluela, Ofen, Umbrail-Pass, dann rauf zum Stilfser Joch auf 2758 Meter. Den orgiastischen Tourismus in Form von “Würschtel und Sauerkraut im Brötchen staunend ins Gesicht schauen. Abwinken und wieder runter die scheinbar unendlichen Kehren hinab. Im Rückspiegel erkenne ich kein Motorrad das mir folgen mag, die dicken GS 1100 BMW´s sind scheinbar zu schwer für so ein Tempo, aber ich staune nicht schlecht als ein Fiat Stilo auf einmal in meinem Rückspiegel sichtbar
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wird und der kommt schnell näher. Ich mach Platz für den Fiat und dessen Schutzengel und schon ist der vorbei. Hinter der nächsten Kehre überholt der noch schnell mal einen Jeep dann einen LKW und weg ist er. Da ich mir nicht sicher bin ob mein Schutzengel so schnell fliegt wie ich fahren kann, lasse ich mal ein bischen Tempo nach und kurve nach weiter die Abfahrt des Stilfser Jochs runter.
Der Gavia Pass steht auf der nächsten Stelle meiner Liste, gemütlich durch die Anfahrt dorthin und je enger es wird um so flotter will Zicke hinauf. Ein paar ihrer Lieblingssparringspartner in Form der GS 1100 vom BMW bereiten ihr nur in langen Geraden Probleme, dort wo es wirklich spassig wird, bleiben wir vorn. Es geht höher den Gavia Pass hinauf, die Straße wird einspurig und wellig, genau das was Zicke liebt. Da tauchen von hinten zwei Lichter auf. Die bleiben nicht nur “dran” die holen sogar auf. An einer übersichtlichen Stelle lasse ich die beiden Motorräder passieren, eine KTM und eine Yahmaha, beide in Enduros im Renndress, preschen an uns vorbei. Zicke zieht fast den Kopf ein und grummelt vor sich hin. Es gab dann bis zur Passhöhe noch ein paar Zwiegespräche und ich mußte Zicke versprechen mal mit Alfred zu diskutieren was man denn
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da so machen könnte. Zicke jedenfalls war und ist der Auffassung, daß sie sowas nicht nochmal erleben möchte. Auch meine tröstenden Worte, daß sie ja mit Gepäch beladen ist und die beiden ohne alles nur mit dem Gewicht des Fahrers zu kämpfen haben, läßt sie nicht gelten. Nun ja, so sind sie die Zicken. Auf dem Gavia Pass wurde erst mal eine kleine Pause gemacht, dort gibt es auf der rechten Straßenseite eine Herberge für Bergwanderer und scheinbar auch für Motorradfahrer. Nachdem sich sowohl Zicke als auch ich regeneriert hatten ging es weiter. Wunderschöne Aussichten und Ansichten boten sich mir.
Zwei Heinkel Tourist Roller mühen sich tapfer den Gavia hinauf, alles stilecht, wie es sich gehört. Ich mag sowas. Weiter unten ein herrlicher Blick über die italienischen Alpen. Da sowas wie Leitplanken dort gänzlich fehlen ist die einzige
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Chance dort zu fahren, nicht drüber nachzudenken was bei einem Fahrfehler passieren würde. Zudem mag ich Leitplanken nicht, also weiter. Immer wieder gern genommen wird der Feierabendverkehr in Italien. Die AutofahrerInnen haben es eilig, das Wochenende ruft und die Schutzengel sind vielbeschäftigt. Bei der Abfahrt vom Paso ´d Apricia kommt mir aus einer langgezogenen Kehre ein Ducati-Fahrer entgegen. Selbst durch meinen Helm und trotz Zickes eigenen Geräuschen höre ich die noch unsichtbare Duc. Das rote Dingen kommt in einer unglaublichen Schräglage durch die Kurve geknallt. Luigi oder wie er auch immer heisst, liebt Freizeitbekleidung, hat Shorts, Träger-T-Shirt, Pisspothelm, die obligatorische Sonnenbrille und Latschen an. Am Kurvenausgang gibt Luigi nochmal so richtig beherzt Gas, die Duc brüllt auf, macht nen Powerslide bergan und schon kommen beide, einen schwarzen Streifen auf dem Asphalt zurücklassend, an mir vorbeigeknallt. Wusch und wech. Nix passiert. In ermangelung eines Kopfes hat Zicke diesen dann nicht geschüttelt. Etwas vorsichtiger fahre ich weiter, später hänge ich mich an zwei italienische Motorradbullen die BMW statt Guzzi fahren. So ist es für uns etwas sicherer, weilm warum auch immer, die Auto und Motorradfahrer die berittene Polizei in Italien zu respektieren scheinen. Mit reichlich Gamschen fahre ich durch die Tunnelautostrada entlang des Comer Sees. Ein bischen schneller als die Polizei erlaubt traue ich mich zu fahren. Man hört ja so einiges von wegen Radar und Knete samt Guzzi weg. Da sehe ich ein Licht von hinten auftauchen, scheinbar ein Motorradfahrer denke ich noch als der schon an mir vorbei gebrettert kommt. Wieder ´ne Duc. Geschätzte 200 hatte der mit Sicherheit drauf. Endlich in Mandello angekommen, am Ufer in die nächste Eisdiele und den Blick auf den See geniessen. Das letzte Büchsenlicht für ein Foto nutzen, dann zum Campingplatz und schauen wer alles so da ist. Gabriele war da. Ich kannte ihn zwar nicht und er mich auch nicht, macht aber nichts, denn uns beide verbindet die Marke Moto-Guzzi, er hat ne V11 “Café Racer” (auf Italienisch: Cafféee Rassser” meint jedenfalls Gabriele;) Der ist total freundlich, wir trinken noch ein bis acht Espresso, er erzählt mir mit Händen und Füssen von den Vorzügen seiner V11, beschreibt mir auch noch die wichtigsten 300 Wartungsarbeiten die jemals an einem Motorrad ausgeführt werden müssen, dann endlich ist Gabriele müde und ich kann einen klaren Kopf bekommen. Unterhalb des Camping ist eine Kneipe in der sich die örtlichen Jugendlichen treffen, die örtlichen Eltern, die örtlichen Grosseltern und die örtlichen Urgrosseltern. Alle vergnügt ins Gespräch vertieft, ein Heidenradau dröhnt aus der dem Cafe angeschlossenen Disco, Motorroller werden sowohl von Jungs als auch von Mädels auf Herz und Nieren auf deren Leistungsfähigkeit überprüft, kleine Rollerrennen werden veranstaltet, Autos fahren hin und her, Omas führen Hunde aus oder die Hunde die Omas. Es ist alles in friedlicher Koexistenz und ich mittendrin. Mir geht es saugut. Bella Italia! Nach schlappen 2 bis 3 Stunden tapere ich zum Zeltplatz hinauf, lege mich in meinen warmen Schlafsack, benutze reichlich Autan, das wirkt, mache meinen Schlafsack ein bischen auf. Es ist warm. Gabriele, der in seinem Zelt direkter Nachbar ist, schnarcht als wäre er ein kanadischer Holzfäller. Scheinbar ist er ein neapolitanischer Holzfäller mit viel Übung, denn er macht selten Pausen und arbeitet durch. Ich liege also wach. Klarer Sternenhimmel, gedankenversunken suche ich die Schäfchen die mir nach zig Espresso und dem musikalischen Gabriele neben mir in den Schlaf helfen sollen. Irgendwann klappt das auch, nur so gegen 4 werde ich nochmal wach, ich finde den Reissverschluss nicht, es ist zu warm, Schlafsack aufmachen! Das Thermometer zeigt 31°C. Gegen 8 werde ich freiwillig wach, die ersten Sonnenstrahlen zeigen sich. Immer noch strahlender Himmel. Es wird ein heisser Tag. Gabriele rumort schon in seinem Zelt. Ich werfe den Gaskocher an, Espresso muss her und dann schnell packen. Es geht schon wieder zurück, erst mal über den Maloja-Pass, dann über den Julier-Pass Richtung Chur. Eine Pause mache ich in der Nähe von Flims, abseits der Hauptstraße an einer Wiese. Vorher war ich noch im CoOp-Laden einkaufen. Lecker was die da alles so haben. Zuerst wollte ich ja noch im Restaurant essen gehen, beim Studium der Speisenkarte habe ich es mir denn doch anders überlegt. Ich glaube die Zahnstocher hätte ich mir wohl leisten können, - aber nicht wollen. Nach zwei Stunden wollte mein Popo wieder auf Zicke sitzen. Der Rest der Fahrt ist schnell erzählt, Autobahn durch die Schweiz bis Bodensee, dann Stau, dann Ampeln, dann Kreisverkehr mit Ampeln, Starenkästen suchen und ja nicht geblitzt werden und dann wieder Konstanz. Dort war Alfred und Familie damit beschäftigt das abendliche Grillen vorzubereiten. Nach einigen Gläschen und leckerem Grillfleisch plus Salat war dann auch besprochen wie der armen Zicke wegen ihrer Leistungskur zu helfen sei. Alfreds Monza hat 59 PS am Hinterrad. Gesunde 55 bis 58 PS sollten bei Zicke auch rauskommen. Wir werden sehen. Und dann sollen sich die KTM-Treiber mal ......
Tja, das waren 2 Tage und eine Nacht die Lust auf mehr gemacht haben. Oder, es waren 8 Pässe auf 964 Kilometern. Oder es waren wunderbare Aussichten und Ansichten, oder es war einfach eine wunderschöne Zeit.
Was danach noch so passierte:
Zicke bekommt den Sattel neu gepolstert. “Alles für´n Arsch”
Zicke in Südfrankreich - oder “Wer Wein oder Sprit mit Wasser mischt wird mit Prügel nicht unter 20 Schlägen bestraft.”
Demächst auf diesen Web-Seiten
C. 13.01.2005
PS: Wer´s jetzt noch nicht weiss, am Fronleichnamswochenende vom 25. bis 29 Mai gibts wieder das legendäre Boots-Tour-Treffen. Also vormerken und mit Zelt vorbeikommen. http://www.lovingarts.de/BTT2005
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